Hochwasserfolgen für öffentliche Einrichtungen am Standort Kehlen - Diskussion und Beschlussfassung im Gemeinderat zur weiteren Vorgehensweise
In der öffentlichen Gemeinderatssitzung am 14. Mai hat sich der Gemeinderat der Gemeinde Meckenbeuren mit den Folgen der Hochwasserkatastrophe des Jahres 2024 für öffentliche Gebäude im Ortsteil Kehlen beschäftigt. Im Fokus stand einerseits die Frage, wie die Kehlener Wilhelm-Schussen-Schule (WSS), die Karl-Brugger-Halle und das Dorfgemeinschaftshaus wieder für die öffentliche Nutzung ertüchtigt werden.
Andererseits muss mit zunehmenden Wetterextremen als Folgen des Klimawandels gerechnet und damit Weichen für die Zukunft gestellt werden. Nach zwei verheerenden Hochwasserereignissen – 2021 und 2024 - innerhalb von drei Jahren ist zu befürchten, dass weitere Schäden an den schussennah gelegenen drei Gebäuden - in kürzer werdenden Abständen - zu erwarten sind.
Das hat nicht zuletzt Folgen für den Grundschulstandort Kehlen.
Gespräche mit der Versicherung
Deshalb haben Gemeinderat und Verwaltung nach der Bestandsaufnahme der Hochwasserfolgen des letzten Jahres, Gesprächen mit der Versicherung und ersten Reparaturarbeiten grundsätzlich darüber nachgedacht, ob die bislang bestehende Nutzungen in Schule, Halle und Dorfgemeinschaftshaus in Kehlen fortgeführt werden sollen und können, wie bisher - oder ob es Änderungen geben muss.
In einer Klausur im März 2025 hat der Gemeinderat mit den verantwortlichen Amts- und Sachgebietsleitungen aus den Bereichen Bildung und Betreuung, Hochwasserschutz, Hoch- und Tiefbau, den Status Quo analysiert und Zukunftsoptionen geprüft.
Kehlens soziale Ortsmitte wird von Schule, Dorfgemeinschaftshaus und Halle geprägt
Bürgermeister Georg Schellinger führte während der Gemeinderatssitzung durch die komplexe Thematik. Er betonte, dass nicht nur technische Fragen bei der Vorbereitung des Verwaltungsvorschlages eine Rolle gespielt hatten. Vielmehr habe man auch jene „Kosten“ berücksichtigt, welche nicht monetär beziffert werden können: Die Mehrbelastung für das Lehr- und Betreuungspersonal sowie die internen Aufwendungen für die Koordination der Sanierungsarbeiten und die Abstimmungen mit Handwerkern, Versicherung, Schule etc. Ressourcen der Gemeinde, die wiederholt für die Beseitigung der Hochwasserschäden gebunden sind, stünden dann nicht für andere Projekte zur Verfügung, erläuterte der Bürgermeister. Das dürfe bei Entscheidungen nicht vergessen werden. Die Verwaltung ist sich bewusst, dass das Gebäudeensemble in Kehlen Bestandteil des sozialen und kulturellen Gefüges vor Ort ist. Feuerwehrhaus, Schule und DGH bilden mit der Halle seit der Verlegung des Verkehrs aus der Ortsmitte heraus ein lebenswertes Ensemble.
Die Sachgebietsleitungen ergänzten Vorschläge für das weitere Vorgehen aus Versicherungssicht, aus finanzieller, baulicher und Schulperspektive sowie für die Vereinsnutzung. Einige Zuhörerinnen und Zuhörer, Vertreter der Schulen und der Vereine und Eltern, nutzten am Mittwoch, dem 14. Mai, die Gelegenheit, sich im Sitzungssaal über den Stand der Diskussion zu informieren.
Kegelbahn wird nicht aufgebaut
Einig waren sich Verwaltung und Gemeinderat, dass die Kegelbahn in der Karl-Brugger-Halle nicht erneut aufgebaut wird. Entsprechende Versicherungsleistungen werden stattdessen für Hochwasserschutzmaßnahmen an der Karl-Brugger-Halle eingesetzt - wie die Abdichtung der Fenster, der Türen und anderer Außenwandöffnungen. Zusätzlich wird in der Heiz- und Lüftungszentrale ein festinstalliertes Pumpensystem aufgebaut. Der Kühlraum in der Karl-Brugger-Halle wird mindestens als Lager für Getränke wiederhergestellt, das Untergeschoss so wiederhergerichtet, dass es für Vereine als Lager – mit Einschränkung und Verantwortung der Nutzenden - dienen kann. Auch die Kellerbar der Narrenzunft wird hochwasserresistent, aber kostenbewusst erneuert. Die Narrenzunft Kehlen, der Trachtenverein und die Landjugend werden mit der Verwaltung an einem „runden Tisch“ ausloten, ob sie Räumlichkeiten im Dorfgemeinschaftshaus und in der Karl-Brugger-Halle künftig gemeinsam bzw. mehrfach nutzen.
Hochwasserschutzmauer an der Schule kommt
Die bereits geplante und genehmigte Hochwasserschutzmauer im Böschungsbereich am Schulhof der Wilhelm-Schussen-Schule wird schnellstmöglich errichtet, weitere feste oder mobile Lösungen für das Gelände um das Dorfgemeinschaftshaus und die Schule werden geplant, so der einstimmige Beschluss des Gemeinderates.
Nach einer Sichtung aller Argumente beschloss der Gemeinderat unter anderem auch, dass das Untergeschoss der Grundschule Kehlen neben den rein schulischen Zwecken auch für Zwecke der Schulbetreuung und als Mensa mit Küche genutzt und entsprechend umgebaut werden soll. Bis dahin findet die Betreuung im DGH statt – seit Mitte Mai kann wieder im DGH-Untergeschoss gegessen werden. Ab Juni ist das Untergeschoss der WSS wieder für schulische Zwecke nutzbar. Die Einbaumöbel sind bereits vorhanden, die Toiletten demnächst wieder einsatzbereit.
Verlagerung der Grundschule in Zukunft diskutiert
Trotzdem wurde die Verwaltung beauftragt, die Aufgabe des bisherigen Grundschulstandorts in Kehlen und die Verlagerung der Grundschule in einen Anbau an das Bildungszentrum in Buch zu prüfen. Denn der Bausubstanz am Grundschulstandort Kehlen drohen durch weitere Überflutungen erhebliche Schäden. Selbst, wenn künftig einige verbesserte Maßnahmen die Schule vor Hochwassereintritt von außen schützen, hat das vergangene Hochwasser gezeigt, dass die alte Gebäudesubstanz nicht abzudichten ist, so die Fachleute. Die Kosten und personellen Ressourcen für die wiederholte Wiederherstellung der Schule wären auch in Zukunft enorm. Zudem stellt die Überbrückungszeit bis zur Wiederherstellung eine große Belastung für Lehrer, Schüler, Eltern und Betreuungspersonal dar. Die Planung und der Bau eines Grundschul-Anbaus würde mehrere Jahre dauern. Durch die beschlossenen Hochwasserschutzmaßnahmen und Reparaturarbeiten sind in Kehlen Schulbetrieb und Betreuung der Schulkinder nach der Schule solange gesichert. Alle Beschlüsse sind detailliert im Ratsinformationssystem auf der Homepage der Gemeinde abrufbar.
Schule stiftet Identität
Georg Schellinger betonte, wie wichtig die Wilhelm-Schussen Grundschule für die ehemalige Ortschaft Kehlen sei - weit mehr ist als nur ein Ort des Lernens. Sie sei ein Bestandteil des sozialen und kulturellen Gefüges. Dezentrale Grundschulen wie in Meckenbeuren leisteten einen Beitrag zur Identität und zum Zusammenhalt der jeweiligen Ortsteile, betonten auch die Mitglieder des Gemeinderates. Sie stiften Heimatgefühl und tragen dazu bei, dass sich Kinder von Anfang an als Teil ihrer Gemeinde erleben. Darüber hinaus ist die Schule eng mit den örtlichen Strukturen verwoben. Diese Nähe schafft wertvolle Synergien. Deswegen – waren sich Verwaltung und Gemeinderat einig - müsse das Augenmerk auf eine sinnvolle und identitätsstiftenden Nachnutzung des Schulstandortes gelegt werden.
Bürgerinformation beschlossen
Eine Verlagerung an den Standort in Buch würde die Grundschule weiterhin als dezentralen Anlaufpunkt von Kehlen an der Gemarkungsgrenze belassen. Für die Ortsteile Kehlen, Reute und Buch würden sich weniger gravierende Änderungen oder sogar Verbesserungen beim Schulweg ergeben. Die ÖPNV-Anbindung wäre sehr gut. Allerdings wäre der Schulweg insbesondere aus Gerbertshaus und Lochbrücke mit den angrenzenden Weilern künftig etwas weiter.
Mitglieder des Gemeinderates betonten, dass der Nachnutzung des Schulstandortes Kehlen im Fortgang der Überlegungen eine große Rolle zukommt.
Weil die Überlegungen zur Verlagerung des Schulstandortes viele Menschen betreffen, soll die Bürgerschaft umfassend informiert und in die Diskussion eingebunden werden. Ein entsprechender Auftrag an die Verwaltung ist Teil des Beschlusses des Gemeinderates vom 14. Mai.
Info
Zwischen dem 31. Mai und dem 5. Juni wurde Meckenbeuren von einer Hochwasserkatastrophe mit einem bis dahin nicht gekannten Ausmaß heimgesucht. Mit einem Höchststand von 4,87 Meter flutete die sonst etwa 45 Zentimeter tiefe Schussen mehrere Ortsteile.
Zahlreiche ehrenamtliche Helfer räumten kommunale wie private Gebäude und Hallen aus, um Inventar und Eigentum vor dem eindringenden Wasser in Sicherheit zu bringen. In den schussennahen Straßen stand das Wasser zum Teil 40 bis 50 Zentimeter hoch. Viele Politikerinnen und Politiker, unter ihnen der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, Innenminister Thomas Strobel, Regierungspräsident Klaus Tappeser, Landrat Luca-Wilhelm Prayon und der Erste Landesbeamter Christoph Keckeisen machten sich vor Ort oder im Nachgang ein Bild von der Lage.
Auf etwa 6.000 Einsatzstunden kam in diesen Tagen allein die örtliche Feuerwehr zusammen mit der DLRG. Das THW erwies sich als starker Partner in der Not. Dank des unermüdlichen Einsatzes der vielköpfigen Blaulichtfamilie hat die Gemeinde Meckenbeuren die Hochwassertage glimpflich überstanden. Mit einem Fest am Feuerwehrhaus Kehlen wurde am 22. September allen Mithelfenden gedankt.
Das Hochwasserereignis hat bis heute gravierende Auswirkungen auf die Nutzung mehrerer kommunaler Liegenschaften und führte zu Schäden in Millionenhöhe. Die Reparaturarbeiten werden noch weiter andauern.
Mit der Schussenkonferenz, die erstmalig im Januar 2025 stattfand, wurde ein Format gefunden, um mit den Anliegern der Schussen die Kooperation in Sachen Hochwasserschutz zu suchen.
